Organismus

Organismus

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Or|ga|nis|mus [ɔrga'nɪsmʊs], der; -, Organismen [ɔrga'nɪsmən]:
a) gesamtes System der zusammenwirkenden Organe:
der menschliche Organismus; ein gesunder, kranker Organismus.
b) <Plural> Lebewesen:
höhere, niedere Organismen.

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Or|ga|nịs|mus 〈m.; -, -nịs|men〉
1. selbstständiges Lebewesen, lebendiger menschlicher, tierischer od. pflanzlicher Körper
2. sinnvoll gegliedertes Ganzes
[Weiterbildung von → Organ]

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Or|ga|nịs|mus , der; -, …men [frz. organisme]:
1.
a) gesamtes System der ↑ Organe (1):
der menschliche, tierische, pflanzliche O.;
der lebende O.;
b) <meist Pl.> (Biol.) [meist tierisches od. pflanzliches] Lebewesen:
Bakterien sind winzige Organismen.
2. (bildungsspr.) größeres Ganzes, Gebilde, dessen Teile, Kräfte o. Ä. zusammenpassen, zusammenwirken:
ein sozialer O.

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Organịsmus
 
der, -/...men, die Gesamtheit der funktionell verbundenen und sich gegenseitig beeinflussenden Organe; das einzelne (pflanzliche, tierische oder menschliche) Lebewesen; im Sinne eines zweckmäßig gegliederten, in seinen Teilen aufeinander bezogenen Ganzen ein in Biologie, Philosophie, Psychologie und Soziologie verwendeter Begriff; v. a. in Politik und Wirtschaft auch Metapher im Sinne eines Vergleiches und einer Analogie zum menschlichen Körper (Staatsorganismus, »sozialer Organismus«).
 
Während in der Biologie mechanistische Theorien die konstitutive Bedeutung der Einzelteile betonen (gemäß der von R. Descartes geprägten Anschauung des lebendigen Körpers als eines Mechanismus), führte die Erkenntnis der Autonomie des Organischen gegenüber der unbelebten Natur zu der Auffassung, dass die Teile wesentlich vom Gesamtorganismus als einer lebendigen Ganzheit geprägt sind. Unter systemtheoretischen Gesichtspunkten wird demgegenüber der Organismus heute nicht als ein (ab)geschlossenes, sondern als ein »offenes System« angesehen, das sich in Wechselwirkung seiner Bestandteile unter unterschiedlichen Bedingungen erhält (»Fließgleichgewicht«, L. von Bertalanffy).
 
In der Philosophie G. Brunos, die die Ansätze des kopernikanischen Weltsystems (heliozentrisches Weltsystem) naturphilosophisch und metaphysisch weiterentwickelt, werden die verschiedenen Sonnensysteme nicht mechanistisch gedeutet, sondern als Organismus erkannt und einander zugeordnet. Die Geschichtsphilosophie J. G. Herders begreift die Geschichtsprozesse - gegen das rationale Fortschrittsdenken der Aufklärung - in Analogie zum Wachstum des Organismus als organische Entwicklungen, besonders als organische Entfaltungen der Humanität: Natur, Geschichte, Sprache, Kunst und Kultur sind der gleichen organischen Harmonie unterworfen. Goethe sieht Entstehung (Morphogenese), Gestalt- und Formwandel (Metamorphose) der Lebewesen in einer aus einem organischen Zentrum heraus wirkenden Kraft begründet und erkennt die Natur als eine nach dem Prinzip der Steigerung der Lebensformen in Stufen sich aufbauende Ordnung. Auf seine Typen erfassende Morphologie gehen die auf dem Organismusgedanken beruhenden philosophischen Systeme des 19. und 20. Jahrhunderts zurück. So versucht F. J. Schelling im Gegensatz zu einer mechanistischen Naturerklärung die Natur als System, zweckgerichtet auf den Organismus, teleologisch zu bestimmen (objektiver Idealismus). Die Philosophie des Organischen von H. Driesch (Neovitalismus) fasst die »Morphogenesis« als lebendigen, d. h. genetisch und teleologisch bestimmten Prozess auf.
 
Die Psychologie beschäftigt sich mit den Prozessen und Gesetzmäßigkeiten der Organismus vorher unkoordinierter Faktoren und Kräfte v. a. bezogen auf das Wahrnehmen, auf Denken und Gedächtnis sowie das menschliche Handeln.
 
Innerhalb der Soziologie stellt - im Gegensatz zu früheren Analogien zwischen Mensch und Staat (von Platon bis T. Hobbes), die sich auf psychisch-ethische und politisch-rechtliche Aspekte bezogen - die Organismustheorie den Versuch dar, das gesamte soziale Geschehen auf biologische Tatbestände zu reduzieren. Eine biologisch-organologische Gesellschaftstheorie stellten als Erste A. Comte und H. Spencer auf. Vertreten wurde sie u. a. von P. von Lilienfeld, A. Schäffle, R. Worms, J. Nowikow, Alfred Espinas (* 1844, ✝ 1922) und Guillaume de Greef (* 1842, ✝ 1924). Mit der Entwicklung einer soziologischen Methodologie (É. Durkheim, F. Kaufmann), der Gruppendynamik (K. Lewin) und dem Aufkommen einer funktionalen Betrachtungsweise (B. Malinowski, T. Parsons) wurde diese Theorie aufgegeben. Obgleich biologische Theorien (Homöostase-Modell) und die Systemtheorie (»Selbstregulation« eines Organismus) heute zur Analyse und Erklärung sozialer Systeme herangezogen werden, wird auch auf deren grundlegende Differenz zu biologischen Organismen oder Maschinen hingewiesen, insofern sie von Menschen auf der Basis von »Sinn« konstituiert sind (N. Luhmann).
 
 
G. T. Fechner: Einige Ideen zur Schöpfungs- u. Entwicklungsgesch. der Organismen (1873, Nachdr. 1985);
 O. Feyerabend: Das organolog. Weltbild (21956);
 W. H. Preuss: Geist u. Stoff (Neuausg. 1980);
 B. Heim: Der Elementarprozeß des Lebens (Innsbruck 21990).

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Or|ga|nịs|mus, der; -, ...men [frz. organisme]: 1. a) gesamtes System der Organe (1): der menschliche, tierische, pflanzliche O.; der lebende O.; durch Grippe wird der gesamte O. geschwächt; b) <meist Pl.> (Biol.) tierisches od. pflanzliches Lebewesen: Bakterien sind winzige Organismen; Zweifellos würden in Gruppen lebende Organismen miteinander konkurrieren (natur 6, 1991, 97); Im Laufe der Jahrmillionen wuchsen neben den üblichen Meerestieren riesige Mengen planktonisch lebender Organismen (Gruhl, Planet 54). 2. (bildungsspr.) größeres Ganzes, Gebilde, dessen Teile, Kräfte o. Ä. zusammenpassen, zusammenwirken: ein politischer, sozialer O.; Eine Stadt ist ein O., der um ein pulsierendes Herz, ein Zentrum ... gewachsen ... ist (K. Mann, Wendepunkt 169).

Universal-Lexikon. 2012.

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